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von Mibo » 27 Apr 2001, 11:20
Wohlan denn,
es ist führwahr so, dass die vormals edle deutsche Sprache immer mehr und mehr verfällt und verdirbt, so schändlich und schimpflich, freventlich und fluchwürdig dies auch ist. Zuförderst geht dabei der löbliche Zierat verloren, den die Höflichkeit der Sprache verleiht. Wer mag sich noch an die Zeiten erinnern, in welchen ein "Hey, du Arsch" noch keine adäquate Begrüssung ward? So sieht ein wahrhaft höflicher Gruss aus (Aus einem Bericht österreichischer Gesandter an die auf dem Reichstag versammelten deutschen Fürsten über die im Land eingefallenen Türken, 1541):
Hochwurdigist, durchleuchtigist, hochwurdig, durchleuchtig, hochgeborn churfursten und fursten, auch erwurdig, wollgeborn, edel, gestreng, hochgelert, vest, fursichtig ersam und weyß, genedigist, genedig und gonstig herrn und freundt
Mannigfaltive Formen der Höflichkeit also, wiewohl der Gegenstand des Berichts aufs höchste erschreckend und grausam ist:
, euer kfl. und fstl. Gn., Gn. und G. haben in jetzt verlesner instruction nach lengs und wahrhaftigclichen gehort und genedigist vernomen mit welcherlay beschwärnus vorgemelte funf osterreichisch landt fur und fur beladen und unaufherlichen angefochten werden, wie auch der grausam, wuerrerich der Turckh von tagen zue tagen je lenger je weytter greift, auch neben fur sich wurtzlet, ain khonigreich, furstenthumb, landt, steett, schlösser und merckht nach dem andern gewaltigclich einnympt oder einzeucht, wie dann layder vor augen und menigclich kuntpar und also erschreckhenlich ist, das es nit genuegsamlich beschriben oder ausgesprochen werden mag. Nun ist eben die vorsteend not jetztunden so gross, ja auch grosser und gefarlicher dann sy vorhin je gewesen. Derowegen unser an- statt obgemelter funf osterreichischen land ge- horsamist bitth, euer kfl. und fstl. Gn, Gn. und G. als die hochloblichen christenlichen glaubens wellen inen den laider zue villwahrhaftigen inhalt der instruction auch angeregte, grosse, gegenwurtige, schwere, höchste und unaussprechliche not und gefar, in deren die erbland laider abermalls sein und je lenger je mer darmit uberfallen und nidergetruckht werden mit christenlichem herzten und pillichem mitleiden bedenckhen und sich sovil armer, verlassen, betruepten, unschuldigen, christenlichen mentschen erbarmen.
Und es kommt sogar noch schlimmer: Die "unmentschliche Tyranney" des "wuttenden Turkhen" geht sogar so weit, dass:
"dass die armen bekhumberten leut in den erblanden auch nit gewyss oder sicher sein mögen, wann sy zue abendt an ire rue ligen, ob sy zue morgens dises erschreckhenlichen feinds halben mit frid widerumb aufsteen oder wann ainer zue tisch sytzet, ob er sein leibsnarung fridlichen nemen oder niessen möge."
Nicht einmal in Ruhe essen konnte man also. Fürwahr freventlich also.
[Text aus: HHStA WIEN MEA Reichstags- akten 7 Konv. II fol. 110r-117v
fol. 117v: Furtrag an die kur- und fursten, auch stand des hl. röm. reichs von denen niderosterreichischen lande gesandte. Beschechen 9. Junii anno 41.]