Teil 47
Heute: Kuhboxen
Da wir zuvor schon auf die Probleme des Strom- und Nahrungsmangels eingegangen sind, wenden wir uns etwas Positivem zu: Der Kultur. Wir möchten unseren geschätzten Lesern heute eine der vielen Alternativen der arulconianischen Freizeitbetätigung näherbringen. Sport wird in diesem verträumten Kleinstaat ganz groß geschrieben. Neben wandern und klettern existiert eine bis dato in der ersten Welt unbekannte Methode, Körper und Seele zu stählen. Das Kuhboxen!
Naturschützer können sich wieder setzen und den erhobenen Zeigefinger einklappen, so brutal es sich auch anhört, ist das Kuhboxen von der Regierung legitimiert und wird in keinster Weise geahndet. Ganz im Gegenteil: Die Kühe Arulcos besitzen ein außerordentlich dickes Fell und verfügen über eine bemerkenswerte Regenerationsrate! Und solang man ihnen vor dem Duschen einen Mullschal anlegt, bewegt man sich auf legalem Gebiet.
Werfen wir zuerst einen Blick in den Duden, um genauere Informationen über unsere Sparringspartner zu erhalten:
"Kuh, weibl. Rind nach dem ersten Kalben; auch weibl. Tier von Hirsch, Elch, Elefant, u.a."
Kurz, wie unpräzise enthält dieser Text doch ein paar Details. "Weibliches Rind" steht da. Wir treten also gegen Frauen an. Dies mag einen sexistischen Eindruck erwecken, ist allerdings dadurch begründet, dass es in Arulco keinerlei männliche Kühe gibt. "Nach dem ersten Kalben". Unverständlich für den Laien, wurde doch noch nie ein arulconianisches Rindvieh bei eben dieser Tätigkeit beobachtet. Experten vermuten jedoch, dass dies ausschließlich nachts bei Neumond geschieht und zwar in einem Tempo, dass selbst mit Nachtsichtgeräten ausgestattete Forscher es bisher schwer hatten, aussagekräftige Beweise an Land zu ziehen. "Weibliches Tier" (wie diskutiert) "von Hirsch, Elch, Elefant, u.a.". Irrelevant für den einfachen Touristen. Diese Spezies sind in den Sektoren dieses sonnigen Hinterwälderlandes gänzlich unverbreitet. Wenn sie einen Elch sehen wollen, fahren sie gefälligst nach Grönland!
Wie funktioniert das nun, Kuhboxen?
Ähnlich dem hier verbreiteten Boxen, heißt des Mann gegen Mann, bzw. Mann gegen Milchspender. Ein Duell also. Die dafür vorgesehene Arena weist gründsätzlich einen Rasenbelag (seltener Kunstrasen) auf und ist weiträumig umzäunt, damit keine neugierigen Zuschauer den Wettkampf stören, bei dem höchste Konzentration wichtig ist. Dumm für die Zuschauer, doch lassen sich gegen ein geringes Entgeld Fernsichtrohre vom landeseigenen Sponsoren Bobby Ray organisieren, mit denen der Kampf gut verfolgt werden kann.
Die Spannung steigt, während der Herausforderer in den Ring steigt. Der Titelverteidiger, die Kuh, hat nach den Regeln Heimvorteil und somit die Option, in der Arena zu nächtigen, um sich an den Untergrund zu gewöhnen. Hiervon wird häufig Gebrauch gemacht. Sollten auch sie in Erwägung ziehen, sich eingemeinden zu lassen, besorgen sie sich ein Kuhkostüm, kleben sie sich Hörner an den Kopf und erscheinen sie zur Mittagszeit mit einem Strauß Blumen zwischen den Zähnen im Regierungsviertel in Meduna, um bei der Staatschefin vorzusprechen.
Doch zurück zum Kampf. Während der Angreifer also auf die Kuh zuläuft, beginnt diese mit Ausweichbewegungen in eine zufällige Richtung. Im Nahkampf setzt das Tier auf die Taktik, Schläge einzustecken und so den Gegner durch eine mögliche Knöchelverstauchung zur Aufgabe zu bewegen. Wenn dies wider Erwarten nicht geschieht, hat die Kuh früher oder später, abhängig von der Stärke des Herausforderers, einen kritischen Status erreicht. Der Kampf ist beendet. Einen weiteren Treffer kann das Eutertier zwar noch locker einstecken, doch danach sind ihre Kräfte soweit erlahmt, dass sie augenblicklich stirbt. Hier heißt es, nicht den Emotionen die Oberhand gewinnen zu lassen und sich den lokalen Gebräuchen anzupassen. Andere Kampftaktiken wurden bei den Kühen nicht beobachtet, sollten sie jedoch dem legendären Kuhkönig über den Weg laufen, heißt es Beine in die Hand nehmen. Diese Kreatur ist im Umgang mit schweren Elektroschockwaffen geschult. Ausdrücklich warnen müssen wir vor dem Gebrauch von Schlagringen, Brechstangen und Karatetritten! Die Auswirkungen der entstehenden Wunden lassen sich kaum vorhersagen und schnell ist eine Kuh unerwartet im Jenseits gelandet.
Auch neigen die arulconianischen Kühe nicht dazu, bei massiver Sprengstoffeinwirkung glühend in die Luft zu springen, wir raten dringend von Versuchen ab! Mit einer Ausnahme: Schauen sie genau hin. Ganz genau. Sollte eine Kuh für eine Nanosekunde ein breites Grinsen aufsetzen, ist sie von BSE gefallen! Dann heißt es, mit allem draufhalten, was man hat. LAW, Mörser, MGs und hinterher noch n paar Mal mitm Hummer drüber brettern, um sicher zu gehen, dass sie auch wirklich TOT (+) ist!
Sie haben Lust bekommen, sich auch einmal in dieser traditionellen Sportart zu versuchen? Nichts leichter als das! Drei Liegestütze gemacht und auf zur Farm ihres Vertrauens. Wir empfehlen die Sektoren D6 und F9. Zumindest bei unserem letzten Besuch ließen sich hier immer 6 oder mehr potenzielle Boxpartner finden. Ansonsten lauschen sie eine Weile in die Runde. Ertönt ein charismatisches "Muuuh", sind sie gar nicht mal so falsch. Sind alle im kritischen Bereich gelandet, sollten sie eine Nacht kampieren und schon stehen ihnen die Kühe aufgrund der Regenerationsrate wieder zur Verfügung. Wenn sie den Mullschal nicht vergessen haben...
So, und nun zeigen sies den Mistviechern!
