Zum Thema Arbeitslosigkeit:
Ich behaupte, egal welche Regierung an der Macht ist oder sein wird, dass die Arbeitslosenzahlen nicht mehr runtergehen werden. Vielleicht hätten wir bei einer Regierung, die alles richtig macht, heute vier Millionen Arbeitslose, aber in spätestens fünf Jahren wären wir wieder übder der fünf Millionen-Grenze.
Wie ich diese Behauptung begründe? Ganz simpel. Kennt jemand das Stecknadelbeispiel von Adam Smith Mitte des Achtzehnten Jahrhunderts? Damals waren zur Produktion von einer Stecknadel, wenn ich ich mich recht erinnere, 19 Arbeitsschritte notwendig, die durch ungefähr zehn Leute durchgeführt werden. Ich weiß nicht, wie heute Stecknadeln produziert werden, aber ich gehe jede Wette ein, dass höchstens zwei Leute noch am Fertigungsprozess beteiligt sind - als Kontrolleure der Maschinen.
Seit Beginn der Industrialisierung schafft sich der Mensch neue Sklaven aus Stahl und ich glaube, dass es nur noch eine Frage der zeit ist, bis nur noch eine Minderheit überhaupt noch eine Arbeit in der Produktion hat. Weitere Beispiele:
Fließband
-früher von Menschenhand, heute durch Roboterarme und gesteuert über komplexe Sensorik, die die menschlichen Sinne schon heute übertreffen.
Steinkohle
-wie schon richtig erkannt, nur noch eine Frage der Zeit, da
1) es bald nichts mehr zu buddeln gibt
2) andere Energieformen ohne derartig viele Menschenhände auskommen (Atomkraft, Regenerative Energien, Kernfusion, wenn einsetzbar)
Dienstleistungen
wer meint, dass die von mir beschriebenen Entwicklungen nur die Industrie betreffen, irrt. Kennt ihr diese niedlichen Putzroboter, die ganz allein, die Wohnung saugen? Kennt ihr das Projekt in Berlin, wo eine U-Bahn ohne Zugführer fährt? Wohin führt der Trend mit GPS, automatischen Bremssystemen und Radarabtastung der Umgebung beim Automobil? - Stichwort Autopilot und deren Folgen für die Logistik-Branche.
Ich hoffe, ich konnt deutlich machen, was ich meinte. Das ganze Thema Lohndumping und Jobwanderungen als Folge der Globalisierung, wird in diesem Kontext nur zu einem Übergangsproblem. Die Unternehmer gehen dorthin, wo sie mit ihren Ressourcen den maximalsten Gewinn holen können. Im Moment sind das die Länder in Osteuropa und der dritten Welt. Aber auf lange Sicht werden auch sie nicht mit der Effizienz der sich weiterentwickelnden Maschinen stand halten können.
Unter dieser Problematik sehe ich das 21. Jahrhundert im Zeitalter des exponetiellen Wissenzuwachses als Zuspitzung der sozialen Frage. Vielleicht werden wir mit den oben beschriebenen Entwicklungen am Ende des Jahrhunderts in der Lage sein, erstmals in der Menschheitsgeschichte, zu leben, ohne dafür arbeiten zu müssen. Vielleicht wird alles, was nötig zum Leben ist (aus materieller Sicht), von unseren blechernen Sklaven produziert werden. Eine Gesellschaft ohne Arbeit? Wie kann diese Aussehen? Ich sehe drei Möglichkeiten:
1) Da der Großteil der Bevölkerung der Existenzgrundlage beraubt ist, setzt ein unbarmherziger Kampf ums Überleben ein. Die Armen revoltieren gegen das System, die Reichen versuchen ihren Status zu verteidigen.
2) Um dies zu verhindern oder als Folge der Revolutionen entsteht eine Gesellschaft, in der jeder, ohne dafür zu arbeiten, ein dermaßen zufriedenes Leben lebt, dass er nicht an Revolution denkt oder er bei einer derartigen zu viel zu verlieren hätte. Mit der Sprache Maslows würde das heißen, das zumindest seine Sicherheitsbedürfnisse erfüllt sind. Klingt jetzt nach Kommunismus, kann auch dahin führen, denkbar wäre aber auch eine soziale Grundsicherung ähnlich der heutigen, nur dass die Unternehmer weitaus mehr zahlen müssten, da die ganze Allgemeinheit ihnen auf der Tasche liegt. Nur denkbar, wenn die Produktivität ausreichend hoch ist.
3) Eine Abkehr von der Produktion mit Maschinen, quasi back to the roots unter dem Gedanken, dass ein Mensch nur Mensch sein kann, wenn er arbeitet. Könnte auch mit Revolutionen einhergehen, ähnlich denen der Maschinenstürmer der 19. Jahrhunderts, nur immens größer.
Auch wenn ich jetzt sehr weit ausgeholt und mich weit aus dem Fenster gelehnt habe (ich befürchte, dass niemand einen so langen Text lesen will
![Zwinker ;)](./images/smilies/greenwink.gif)
), so denke ich doch, dass das dies die zentrale Frage des 21. Jahrhunderts im Zusammenhang mit Verteilung des Reichtums auf der Welt und der Umweltverschmutzung sein wird. Und ich finde bei keiner Partei auch nur annähernd Erwägungen, wie dieses Problem ansatzweise zu lösen ist. All die Reformen sind notwendig, keine Frage, aber sie bleiben doch höchstens Lückenfüller, Stückwerk. Ein klares Konzept über den Tellerrand hinaus, in welche Richtung die Gesellschaft gehen soll, fehlt bei allen und wird erstickt im täglichen Polittross.